Publikation

'Betrachtungen'

Autor: Walter Naumann
Mit einer Porträtzeichnung von Leo Leonhard und einem Nachwort von Herbert Walz
Veröffentlichung: 1990
GHL-Nr.: 83

Zum Inhalt

179 Aphorismen, Sätze und Kurzessays ordnet der Autor in sieben unbezeichnete Gruppen. In der ersten Gruppe tragen einige wenige Gedanken eine Titulatur: Über das lyrische Gedicht, Aufgabe des Kritikers, Wirkung der Tragödie, Meditation zu dem Haus am Frauenplan in Weimar, In Avignon, Der Leser des Epos, Zur modernen Dichtung, Emily Dickinson, Die spirituelle Leistung der Kunst. - Die übrigen Texte sind nur durch eine Nummer bezeichnet.

Leseproben

" (...) 48. | Spiegel ist alles. Ich stelle sie hin, sie umgeben mich. Aber es geht ja nicht darum, mich zu sehen. Sondern, erschreckend, Linien zu erkennen, wie im schwankenden Wasser, als wäre mein Spiegelbild das eines Anderen, und dieser wiederum die wahre Ahnung eines Verborgeneren bis in unendliche Tiefen. (...) "
" (...) 91. | Was immer der Hauch des Morgens, des Abends Stille und der Sturm der Nacht mir zuträgt, ist mein Teil der unermeßlichen Welt. Was mir zufällt, die Stunden meines Erwachens und die Stücke der mir begegnenden Welt, ist mein Geschick. Es ist der Kreis von Licht, der mich umschließt, vielleicht ein wenig nachleuchtet und erlischt im Dunkel des Alls. (...) "
" (...) 165. | Über die Felder, über die Seen, am Saum des Waldes entlang schallt das Glockengeläut. Raum, abendländischer Raum umhüllt den Gehenden, schwingt in das Unsichtbare hinaus. Geborgen waren wir in einer Lebensform, gefunden, erdacht auf dem Traumschiff eines inständigen Glaubens. Die Planken sind zerschellt, der Sturm reißt das Gestaltete entzwei, der Schwall der Finsternis zerstört uns das Gesicht. (...) "
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